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Wir sollten souverän zu unseren Stärken stehen

In den letzten zehn Jahren musste die deutsche Fliesenindustrie einen erheblichen Rückgang verkraften. Nun hat es auch die Fliesen­pro­duktion der bekannten Marke Villeroy & Boch getroffen. Im Interview erläutert Dieter Schäfer, Vorstand der Deutsche Steinzeug AG, wie es in seinen Augen um die Fliese „Made in Germany“ steht.

Herr Schäfer, ist die Produktion von Fliesen in Deutschland wirtschaftlich unattraktiv oder warum gibt die Villeroy&Boch Fliesen GmbH auf?
Dieter Schäfer: Es ist wirklich schade, dass eine renommierte Marke wie V&B ihre Fliesen nicht mehr in Deutschland oder in Frankreich produzieren wird. Sicher, wir haben es als energieintensive Industrie durch die Ukraine-Krise und die politische Auseinandersetzung mit Putin gerade nicht leicht. Aber einen Abgesang auf den deutschen Produktionsstandort der Fliese sehe ich nicht.

Worin ist aus Ihrer Sicht das Scheitern der V&B Fliese begründet?
DS: V&B hat sich als Spezialist für Geschirr und Sanitär aus meiner Sicht vielleicht einfach nicht auf das Geschäft mit der Fliese als Halbprodukt verstanden. Für den Endverbraucher ist Villeroy & Boch eine bekannte Marke. Die Fliese als sogenannten „Windfall Profit“ aus dem Unternehmensportfolio Nutzen ziehen zu lassen, war in meinen Augen einfach zu wenig.

Wie sieht das bei Ihrer Marke Agrob Buchtal aus?
DS: Wir haben viele olympische Schwimmbecken realisiert, mit Stararchitekten wie Renzo Piano gearbeitet und die Fliesen für die Kuppel des Sony-Centers am Potsdamer Platz in Berlin gefertigt. Das niederländische Architekturbüro MVRDV hat in Bordeaux und Rennes gerade zwei Wohnquartiere mit unseren keramischen Fassaden­systemen fertiggestellt. Wir sind seit Jahrzehnten der Lieferant für hochbelastbare Supermarktfliesen, und vieles mehr. Suchen Archi­tekten, Planer, Entwickler irgendwo auf der Welt eine besondere Qualität oder Fliese, rufen sie bei uns an.

Ist Klimaschutz ein neues Thema für Sie?
DS: Unsere Konzentration auf Klimaschutz und Nachhaltigkeit ist nicht neu. Die deutschen Werke haben schon Fluor-Emissions­anlagen gebaut, als dies im übrigen Europa noch über­haupt keine Diskussion war. Unsere Umweltauflagen in Bezug auf Emissionen werden konse­quent umgesetzt. Die Tatsache, dass wir mit unserer Marke Agrob Buchtal unsere Produkte für Renovierungen nach „Green Building“ Standards einsetzen durften, ist auch darauf zurückzuführen, dass wir unsere Rohstoffe nicht aus ganz Europa beschaffen, sondern uns bis zu 90% aus dem heimischen Markt bedienen.

Die Fliese ist also ein zukunftsfähiges Produkt, sagen Sie?
DS: Aufgrund der natürlichen Rohstoffe und der extremen Langlebigkeit ist die keramische Fliese meiner Meinung nach ein ideales zukunftsfähiges Produkt. Es ist uns aber in der Tat noch nicht gelungen, dies in das Bewusstsein des Endverbrauchers zu über­tragen. Der Verbraucher entscheidet sich für Vinyl und freut sich, dass er damit ein Produkt mit der „Blaue Engel“-Zertifizierung einkauft. Wer weiß denn schon, dass die keramische Fliese gar keine Chance hat einen „Blauen Engel“ zu bekommen, weil sie überhaupt keine Schadstoffe enthält. Das ist schon ein wenig absurd, oder nicht?

Wofür steht die Fliese „Made in Germany“ außerdem?
DS: Die Fliese „Made in Germany“ zeichnet sich aus durch Qualität, faire – mit Gewerkschaften verhandelte – Löhne, transparente Preise und, ganz wichtig: durch regionale Rohstoffe. Auf uns können sich der Handel und Baustellen weltweit verlassen – auch in Zeiten, in denen die Lieferketten in Süd- und Osteuropa zusammenbrechen, wie sich gezeigt hat.

Was ist dagegen das Erfolgsgeheimnis der Südeuropäer?
DS: Die deutsche Industrie widmet sich bereits seit mehr als 100 Jahren der Fliesenproduktion und konnte die europäische Wieder­aufbauphase Anfang der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts aktiv unterstützen. Dadurch haben wir natürlich eine andere Fertigungs­struktur. Außerdem wurden die Werke damals dort errichtet, wo Rohstoffe und Mitarbeiter zur Verfügung standen. Dagegen der Aufbau der Italiener in den 60er Jahren, mit großzügig strukturierten Werken auf freien Flächen, hat natürlich eine effizientere Werkstruktur ermöglicht. Hinzu kommt, dass sie sich mit dem heute fast vollständig in Italien vereinten keramischen Maschinenbau exzellent entwickeln konnten.

Können deutsche Werke trotzdem konkurrenzfähig produzieren?
DS: Es muss kein Werk in Deutschland schließen, weil das Lohnniveau bzw. die Kosten für Energie, Transport oder Rohstoffe zu hoch sind. Die italienische Fliesenindustrie zahlt Löhne, höher als in der Auto­mobilindustrie (z.B. Ferrari / Fiat) - und damit auch deutlich höher als in Deutschland. Ein Großteil der Rohstoffe wird in Südeuropa eingekauft und müsste teurer sein, da weitere Transportwege zu kalkulieren sind. Einen direkten Kostenvorteil gibt es insoweit bei den variablen Kosten inklusive Lohn- und Gehalt also nicht. Die extreme Arbeitsteiligkeit und die regionale Konzentration ist sicherlich ein Pluspunkt. 

Was ist Ihr Rat an die deutschen Fliesenhersteller?
DS: Wir müssen endlich lernen, gegen den starken Wettbewerb aus Süd- und Osteuropa zusammenzuhalten. Wir sollten souverän zu unseren Stärken stehen, aber auch deutlich machen, was wirt­schaftlich nicht verantwortbar ist.

Haben Sie einen Wunsch?
DS: Einen fairen Umgang und das Verständnis unserer Partner im Markt für die aktuelle Kostenentwicklung und Preisakzeptanz. Dann können unsere Kunden auch in den nächsten Jahrzehnten weiterhin mit uns rechnen und die Qualität unserer Produkte und unserer Services wertschätzen.

 

Pressekontakt
Gabriele Busse (Pressesprecherin / Senior Manager PR)
Deutsche Steinzeug Cremer & Breuer AG
T. +49 (0)228 391-1104
M. +49 (0)151 14976931
Email: gabriele.busse@deutsche-steinzeug.de

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„Unsere Kunden können auch in den nächsten Jahrzehnten weiterhin mit uns rechnen und die Qualität und Langlebigkeit unserer deutschen Fliese, unsere Innovationen und Services wertschätzen.“
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„Aufgrund der natürlichen Rohstoffe und der extremen Langlebigkeit ist die keramische Fliese meiner Meinung nach ein ideales zukunftsfähiges Produkt.“
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„Einen Abgesang auf den deutschen Produktions­stand­ort der Fliese sehe ich nicht.“

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